4 Die Figur im Wandel vom Barock ins 20. Jahrhundert

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4 Die Figur im Wandel vom Barock ins 20. Jahrhundert

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Holo4ART:

Vielen Dank, verehrter Meister Rubens. Die Drahtfiguren, die Sie als VorĂŒbung fĂŒr eigene Figuren anfertigen ließen, erinnern mich an die Werke unseres nĂ€chsten KĂŒnstlers.

Rubens:

Ja, das stimmt, die Skulpturen habe ich hier in der Ausstellung bereits gesehen. Giacometti heißt er wohl. Auch wenn sein Name verheißungsvoll italienisch klingt, seine Werke sind nach meinem Empfinden – na ja, sagen wir einmal – gewöhnungsbedĂŒrftig. Also wenn ich meine vor Schönheit strahlenden, rundlich wohlproportionierten Körper ansehe, erscheint es mir rĂ€tselhaft, ob er ĂŒberhaupt Lebensfreude hatte, vielleicht hat er Schlimmes erlebt? Es wĂŒrde mich wirklich interessieren, was fĂŒr ein Menschenbild dieser Giacometti wohl hatte.

Holo4ART:

Bevor wir ĂŒber andere sprechen, lassen wir den großartigen KĂŒnstler Alberto Giacometti, den wir nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Jahr 1948 zu uns geholt haben, doch selbst zu Wort kommen. Bitte treten Sie vor und erzĂ€hlen Sie uns, wie es dazu kam, dass Sie sich von der bis ins 19. Jahrhundert traditionellen Weise, den Menschen darzustellen, entfernt haben und zu Ihrer ganz eigenen und außergewöhnlichen Art der Darstellung gekommen sind.

Giacometti:

Ja, herzlichen Dank fĂŒr die Einladung. Ich freue mich, dass ich, stellvertretend fĂŒr die KĂŒnstler der Moderne, heute hier sprechen darf. Und wahrlich, lieber Herr Rubens, unsere Darstellungen des Menschen unterscheiden sich kolossal voneinander. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber vielleicht hören Sie sich doch erst einmal meine BeweggrĂŒnde an. Auch ich habe mir die VortrĂ€ge und den Hochgesang auf die Antike und die Renaissance angehört. Meine Vorbilder stammen jedoch aus einer Zeit, die noch weiter zurĂŒckliegt. Aber folgen Sie mir zu meinem Werk ...

Giacomettis Spiel mit den Proportionen

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Giacometti:

Mich inspiriert die Zeit der Ă€gyptischen Hochkulturen. Bei mir steht kein heroischer JĂŒngling, keine gut genĂ€hrte Frau im Mittelpunkt, aber dennoch ist mein Thema der Mensch, wenn auch stark abstrahiert, sodass er zum Zeichen wird, zum Symbol fĂŒr die Menschheit. Der aufrechte Gang, die Bewegung, das Schreiten, das macht uns Menschen aus. Doch meine Figuren treffen sich nicht, sie sind stĂ€ndig in Bewegung und schreiten aneinander vorbei. Das drĂŒckt fĂŒr mich Vereinzelung der Menschen, die Einsamkeit des doch eigentlich sozialen Wesens Mensch aus. Ich versuche durch die Vereinfachung meiner Figuren nicht den einzelnen Menschen zu erfassen, sondern darĂŒber hinaus etwas AllgemeingĂŒltiges auszudrĂŒcken.

Die meisten KĂŒnstler des 20. Jahrhunderts haben zwar noch die alten Meister studiert und nutzten sie gelegentlich als Inspirationsquelle, doch entwickelten sie, gezeichnet von zwei Weltkriegen und einer sich politisch und wirtschaftlich verĂ€ndernden Gesellschaft, eine eigene Formensprache. Die avantgardistischen KĂŒnstler der Epochen des Surrealismus, des Expressionismus oder des Kubismus setzten sich bewusst ĂŒber die Regeln der Proportionslehre hinweg. Viele KĂŒnstler sammelten Kunst aus Afrika und anderen außereuropĂ€ischen Kulturen. Sie waren fasziniert von diesen Werken, weil sie ihnen halfen, die Konventionen der europĂ€ischen Tradition infrage zu stellen und zum Wesentlichen, zu den Urformen vorzudringen. Aber sehen wir uns doch mal zwei Werke im Vergleich an.

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Bildvergleich

Die Darstellung des Menschen bei Rubens und Giacometti im Vergleich

Ziehen Sie die passenden Begriffe zum jeweiligen Bild.

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Der Mensch war also im 20. Jahrhundert immer noch Gegenstand der Darstellung, allerdings wurde er oft abstrahiert dargestellt, um der Darstellung eine bestimmte Bedeutung zu geben oder eine Botschaft zu vermitteln. Dies schafft der KĂŒnstler, indem er bei der Darstellung der menschlichen Figur die Körperteile beispielsweise verlĂ€ngert oder schrumpft. Aber auch die Farben können von der Erscheinungsfarbe abweichen und zu einem Mittel des Ausdrucks werden.

Die Kunstschaffenden im 20. Jahrhundert sind ganz unterschiedliche Wege gegangen. Nehmen Sie sich etwas Zeit und sehen Sie sich die Galerie mit den Bildern an: 

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Aufgabe

Collage zum Thema „Was ist schön?“

Gestaltungsanregung:

Suchen Sie in Zeitschriften Bilder von Menschen, menschlichen Körperteilen sowie Kleidung und schneiden Sie diese so genau wie möglich aus.

Greifen Sie Rubens' Frage „Was ist schön?“ auf und entwickeln Sie mit den Materialien eine Bildidee zum Thema.

Arrangieren Sie aus den ausgeschnittenen Teilen neue Figuren auf einem Blatt mit dem Format A3.

Verbinden Sie anschließend die Teile miteinander: Sie können zeichnen, malen, mit Nadel und Faden vernĂ€hen oder andere Materialien wie Stoffe, Buchseiten, Musiknoten 
 einarbeiten.

Gestalten Sie mit den ausgeschnittenen Bildteilen die Illusion neuer Figuren und stellen sie gestalterisch einen Zusammenhang zum Hintergrund her. Nutzen Sie dafĂŒr bekannte Ordnungsprinzipien.

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