1 Gendergerechte Sprache – Was ist das?

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1 Gendergerechte Sprache – Was ist das?

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Gerechtigkeit bedeutet, dass alle Menschen gleichbehandelt werden. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, ob unsere Sprache auch gerecht ist? In diesem Kapitel lernst du eine Art der Sprache kennen, die besonderen Wert auf die Gleichbehandlung aller Geschlechter legt: die gendergerechte Sprache.

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Etwas zum Nachdenken

Vater und Sohn machen einen Fahrradausflug. Der Sohn stürzt und verletzt sich am Arm. Der Vater bringt ihn ins nächstgelegene Krankenhaus, um den Arm röntgen zu lassen. Während sein Vater im Wartezimmer bleibt, wird der Junge zu den Ärzten gebracht. Da ruft ein Mitglied des Ärzte-Teams plötzlich: „Oh nein, das ist ja mein Sohn!“

Wie ist das möglich?

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Auflösung

Es ist die Mutter des Jungen.

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Vielleicht musstest du einen Augenblick überlegen, ehe du die Situation erklären konntest. Es kann auch sein, dass du an zwei männliche Elternteile gedacht hast. So geht es vielen Menschen. Sie denken bei dem Wort „Ärzte“ zunächst nur an männliche Personen.

Grammatikalisch ist es korrekt, eine gemischte Gruppe von Männern und Frauen als Ärzte zu bezeichnen. Man spricht hier vom generischen Maskulinum.

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Definition

Generisches Maskulinum

Im Deutschen wird oft das sogenannte generische Maskulinum verwendet. Dabei schließt ein Wort, das vom grammatischen Geschlecht (Genus) her männlich ist, alle sozialen Geschlechter mit ein. Das generische Maskulinum ist also die geschlechtsübergreifende Verwendung eines maskulinen Wortes für alle bezeichneten Personen.
Die tatsächlichen sozialen Geschlechter der bezeichneten Personen(gruppen) werden durch das generische Maskulinum nicht sichtbar.

Beispiele:

Ein Arzt muss auch nachts arbeiten.
In der Klasse sind 26 Schüler.

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Die Verwendung des generischen Maskulinums kann also dazu führen, dass wir eher an Männer denken als an Personen anderer Geschlechter – auch wenn diese ebenfalls gemeint sind. So entstand die Forderung nach einer gerechten Sprache, die alle sozialen Geschlechter gleichermaßen sichtbar machen soll.

Die Verwendung einer solchen Sprache nennt man Gendern – abgeleitet vom englischen Wort gender

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Erklärung des Gender-Begriffs
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In vielen Ländern versucht man bereits, sprachlich mehr Geschlechtergerechtigkeit herzustellen.

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Wer im Deutschen gendern möchte, kann dies auf unterschiedliche Weise tun. Es gibt bislang keine einheitliche Regelung hierzu.

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Schwierigkeiten beim Gendern

Die verschiedenen Möglichkeiten des Genderns bringen auch unterschiedliche Schwierigkeiten mit sich.

Die Beidnennung macht Sätze oft sehr lang.
Sonderzeichen
innerhalb eines Wortes können Menschen Probleme bereiten, denen das Lesen ohnehin (noch) nicht leichtfällt.
Beim Sprechen werden die Sonderzeichen durch eine Pause im Wort wiedergegeben. Dieses „Stocken“ kann als störend empfunden werden.
Alternative Bezeichnungen
müssen sorgfältig geprüft werden, oft sind sie ungenau. Schulpflichtige sind nicht automatisch Schüler. Schüler sind nicht immer auch Lernende. Gleichzeitig könnten „Lernende“ auch Azubis oder Studenten sein.
Neutrale Wortendungen
sind für viele Menschen (noch) sehr ungewohnt und können irritieren.

Hier findest du weitere Informationen und Tipps zu diesem Thema.

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Beim Gendern ändern sich nicht nur die Substantive. Auch Artikel, Adjektive und Pronomen müssen angeglichen werden. Beispiel: Aus „Bei einer Wahl kann ein volljähriger Bürger seine Stimme abgeben.“ wird „Bei einer Wahl kann ein*e volljährige*r Bürger*in ihre/seine Stimme abgeben.“

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Aufgabe

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Aufgabe

Ein guter Lehrer lobt seine Schüler.

  1. Schreibe diesen Satz in gendergerechter Sprache auf.
  2. Vergleiche deine Lösung mit der deiner Sitznachbarin oder deines Sitznachbarn.
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Manche Menschen nutzen gendergerechte Sprache bereits beim Schreiben und auch beim Sprechen, andere wehren sich dagegen. Eine Sprachwissenschaftlerin erklärt, warum die Debatte über das Gendern oft so emotional geführt wird:

Carolin Müller-Spitzer, Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, zu der Debatte über das Gendern
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Die Sprachwissenschaftlerin Frau Müller-Spitzer spricht über das Gendern (bis 3:30)
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Aufgabe

Nenne die beiden Komponenten der Gender-Debatte, die Frau Müller-Spitzer für die hitzige Diskussion verantwortlich macht.

Tipp: Du kannst den Filmausschnitt zwischendurch anhalten und ihn dir auch mehrfach ansehen, um die notwendigen Informationen herauszuziehen.

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Im folgenden Kapitel lernst du verschiedene Argumente für und gegen das Gendern kennen.