Ob traditionelle Kleinfamilie, unverheiratete Eltern mit Kind, ob Patchworkfamilie, alleinerziehend oder Regenbogenfamilie, viele „familiale Lebensformen“ werden mittlerweile akzeptiert. Familie – was ist das heute?
„Die dominierende Definition von Familie definiert Familie als eine Eltern-Kind-Beziehung, damit werden ein Elternteil und ein Kind bereits als Familie gesehen. Und diese Definition umfasst in der öffentlichen Debatte auch heterosexuelle und homosexuelle Paare mit Kindern.“
Die „Familie von morgen“ war das Thema einer Tagung, die vergangene Woche in Berlin stattfand. Allerdings zeichneten viele Vorträge eher ein Bild davon, wie familiäres Leben sich heute gestaltet und welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten. Und die Freiburger Soziologieprofessorin Nina Wehner hob vorweg hervor: die „Erosion“ des traditionellen Familienmodells habe keinesfalls zur Folge, dass die Bedeutung familialer Lebensformen abnimmt.
„Gerade mit dieser neuen Wahlfreiheit von familialen Lebensformen sehen wir eher, dass Familie an Bedeutung enorm gewinnt, vor allem als emotionale Bezugsgröße. Familie als der Sehnsuchtsort für ganz viele Menschen. Und dafür sind Männer und Frauen bereit, enorm viel Aufwand in Kauf zu nehmen.“
Das Leitbild vieler junger Paare ist heute eine egalitäre Aufteilung von Berufs- und Familienarbeit. Doch die Realität sieht meistens anders aus, weiß die Bochumer Leiterin des Forschungszentrums ‚familienbewusste Personalpolitik‘, Prof. Irene Gerlach:
„Wir wissen, dass es da einen Gap gibt, viel weniger leben das. Das kann an den Rahmenbedingungen hängen, dass zum Beispiel Möglichkeiten der Vereinbarkeit über Home-Office, über flexible Arbeitszeitgestaltung nicht möglich ist, die Betreuungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind oder so teuer, dass es sich nicht lohnt zu arbeiten.“
66 Prozent der Mütter mit Kindern arbeiten, die meisten davon in Teilzeit, oder sogar in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, während Männer in der Regel Vollzeitjobs haben. Irene Gerlachs Ideal wäre aber eine dauerhafte Aufteilung der Arbeit zu gleichen Teilen, etwa dass beide Eltern je 30 Stunden arbeiteten. Dies sei schon aus Gründen der sozialen Absicherung im Scheidungsfall erforderlich. Solange allerdings Frauen eher zum Beispiel Kultur- als Ingenieurwissenschaften studierten oder weniger aufstiegsbewusst seien, sei dies ökonomisch oft nicht machbar.
Quelle: Ingeborg Breuer, Familienmodelle im Wandel,. Vater, Mutter, Kind war gestern, in: Deutschlandfunk, 13.04.2017 (https://www.deutschlandfunk.de...), abgerufen: 1.10.2020.