Als Van-der-Waals-Kräfte
werden in der Chemie all diejenigen Anziehungskräfte zwischen zwei Teilchen zusammengefasst, welche in einer elektrostatischen Anziehung eines positiven und eines negativen Pols begründet sind. Namensgeber ist Johannes van der Waals, er war Professor an der Universität Amsterdam und erhielt den Nobelpreis für Physik im Jahr 1910.
2. Inter- und intramolekulare Wechselwirkungen
2.1 Übersicht
Exkurs: Übersicht über Van-der-Waals-Kräfte
Exkurs: Übersicht über Van-der-Waals-Kräfte
Gewöhnlich wird die Bezeichnung „Van-der Waals-Kräfte“ als Synonym für „London-Kräfte“, die auch zwischen unpolaren Teilchen auftreten, verwendet.
Van-der-Waals-Kräfte (London-Kräfte) wirken zwischen allen Teilchen und spielen besonders bei unpolaren Teilchen eine wichtige Rolle. Durch Bewegung von Elektronen in Bindungen oder der Atomhülle entstehen kurzlebige Dipole. Solche temporäreren Dipole beeinflussen die Elektronenverteilung in benachbarten Molekülen oder Atomen. Dadurch können in diesen ebenfalls kurzlebige Dipole induziert werden. Die Anziehung zwischen temporären Dipolen bewirkt nur einen schwachen Zusammenhalt von Teilchen. Van-der-Waals-Kräfte sind daher die schwächsten inter- und intramolekularen Wechselwirkungen.
Beispiel: Pentan (C5H12)
Die Dipol-Dipol-Kraft wirkt zwischen zwei Dipolmolekülen. Dabei zieht eine partiell positiv geladene Seite des einen Moleküls eine partiell negativ geladene Seite eines anderen Moleküls an. Sie wirkt zwischen gleichartigen oder unterschiedlichen Molekülen.
Beispiel: Bromwasserstoff (HBr)
Eine Wasserstoffbrücke ist eine besondere Form der Dipol-Dipol-Kraft. Sie beruht auf der Anziehung zwischen einem stark partiell positiv geladenem Wasserstoffatom des einen Moleküls und einem stark partiell negativ geladenen Atom des anderen Moleküls. Voraussetzung dafür ist die Bindung von Wasserstoff an ein Elementatom mit sehr hoher Elektronegativität, wie Stickstoff-, Sauerstoff-, Fluor- oder Chloratome. Wasserstoffbrücken sind die stärkste inter- und intramolekulare Wechselwirkung, sie wirken zwischen gleichartigen oder unterschiedlichen Molekülen.
Beispiel: Ammoniak (NH3)
Bei Lösen von Salzen in polaren Lösungsmitteln spielen die Wechselwirkungen zwischen Ionen und Dipolmolekülen eine besondere Rolle und machen diesen Vorgang erst möglich. Ionen sind im Gegensatz zu den bisher betrachteten Teilchen nicht nur partiell geladen, sondern tragen vollständige Ladungen. Wird ein Salzkristall in ein polares Lösungsmittel gegeben, so richten sich dessen Moleküle entsprechend ihrer Ladungsverteilung an der Oberfläche des Kristalls aus. Der negative Pol der Lösungsmittelmoleküle lagert sich an den Kationen und der positive Pol an den Anionen an. So erfolgt eine Ablösung der Ionen aus dem Gitter und deren vollständige Einhüllung durch Lösungsmittelmoleküle. In Wasser wird dieser Vorgang als Hydratation bezeichnet, in anderen, beispielsweise organischen Medien, als Solvatation.
2.2 Zusammenhang zwischen Struktur und Eigenschaften
Siedetemperaturen
Neben dem Molekülgewicht ist die Stärke der wirkenden inter- und intramolekularen Wechselwirkungen entscheidend für die Siedetemperatur. Prinzipiell gilt: Je stärker die inter- und intramolekularen Wechselwirkungen, desto größer ist der Zusammenhalt der Teilchen untereinander, desto mehr Energie wird benötigt, um sie voneinander zu trennen und in die Gasphase zu befördern, desto höher ist die Siedetemperatur.
Um die Stärke der inter- und intramolekulare Wechselwirkungen abschätzen zu können, sind zwei Faktoren zu betrachten:
- Das Vorhandensein von Atomen mit hoher Elektronegativität deutet oftmals darauf hin, dass es sich um ein Dipolmolekül handelt. Ist dies der Fall, wirken starke inter- und intramolekulare Anziehungskräfte.
- Die Oberfläche des Moleküls bestimmt die Stärke der Van-der-Waals-Kräfte. Es gilt: Je größer die Moleküloberfläche, desto stärker die inter- und intramolekularen Wechselwirkungen. Insbesondere bei der Abschätzung von Siedetemperaturen von Strukturisomeren ist dieser Faktor relevant.
Hinweis: Zur vereinfachten Darstellung organischer Moleküle wird im Folgenden die Skelettformel verwendet.
Übungen
Siedetemperaturen
In den Abbildungen sind die Siedetemperaturen folgender Stoffe graphisch dargestellt:
i) NH3, PH3, AsH3, SbH3
ii) F2, Cl2, Br2, I2
1) Ordnen Sie den Grafiken die zugrundeliegende Datenreihe zu!
2) Erläutern Sie das Zustandekommen der Kurvenverläufe unter Nutzung Ihres Wissens über inter- und intramolekulare Wechselwirkungen!
Löslichkeit
Die Menge eines Stoffes, die sich in einer bestimmten Menge eines Lösungsmittels löst, ist eine stoffspezifische Größe. Sie wird als Löslichkeit bezeichnet. Stoffe, die beispielsweise in Wasser sehr gut löslich sind, sind Kochsalz, Ethanol (Trinkalkohol) und Saccharose (Haushaltszucker).
Experiment
Im folgenden Experiment soll die Löslichkeit dreier Stoffe – Speiseöl, Kupfersulfat und Tinte – in den Lösungsmitteln Wasser und Waschbenzin untersucht werden. Waschbenzin ist ein Stoffgemisch, welches vorrangig aus Kohlenwasserstoffen besteht.
Merksatz
Formulieren Sie einen Merksatz, der die Bedingung der Löslichkeit zweier Stoffe ineinander beschreibt.
Trockeneis
Bei Trockeneis handelt es sich um festes Kohlenstoffdioxid, welches häufig zur Kühlung oder für beeindruckende Showeffekte verwendet wird.
1) Erläutern Sie Bindungsverhältnisse im Kohlenstoffdioxidmolekül.
2) Erklären Sie, warum Kohlenstoffdioxid einen festen Aggregatzustand aufweisen kann. Nutzen Sie Ihr Wissen über inter- und intramolekulare Wechselwirkungen.